Christian Jung | Tenor, Philosoph, Gesangslehrer
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Tenor

STh I q. 3 a. 3: Utrum sit idem Deus quod sua essentia vel natura

Responsio:
Gott ist mit seinem Wesen (= seiner Natur) identisch. Denn nur bei Dingen, die aus Materie und Form zusammengesetzt sind, ist das Wesen von seinem Träger (suppositum) verschieden. Zum Wesen (= die Form) gehört nur, was die Definition einer Sache ausmacht, d.h. dasjenige, wodurch eine Sache ist, was sie ist. Die individuelle Materie als Individuationsprinzip umfasst alle individuierenden Akzidentien. Diese gehören zwar zu einer konkreten Sache, aber nicht zu ihrem Wesen. So ist die Menschheit dasjenige, wodurch ein Mensch Mensch ist. Sein Fleisch, seine Knochen und Hautfarbe hingegen machen zwar einen bestimmten Menschen mit aus, aber sie gehören nicht zu seiner Definition.
Nicht aus Materie und Form zusammengesetzt Dinge haben hingegen keine individuierende Materie, sondern werden allein durch ihre Form individuiert. Daher ist die Form selbst der subsistierende Träger. Das Wesen und sein Träger sind somit identisch. Da Gott nicht zusammengesetzt ist, ist er identisch mit seinem Wesen. 

 

Widerlegung ad primum:
Das erste Gegenargument führt an, dass das Wesen Gottes in Gott sei, nichts aber, was in etwas sei, mit diesem identisch sei. Denn nichts sei in sich selbst. Thomas wendet ein, dass der von den zusammengesetzten Dingen herrührende Sprachgebrauch gewohnheismäßig, aber fälschlich auf einfache Dinge und Gott angewendet wird.

 

Widerlegung ad secundum:

Das zweite Gegenargument begeht ebenfalls den Fehlschluss von geschaffenen Dingen auf Gott. Als Grund hierfür wird angegeben, dass die Wirkung der Ursache ähnlich sei. Da bei den geschaffenen Dinge, Wesen und Träger verschieden sind, muss es sich daher bei Gott ebenso verhalten. Thomas wendet ein, dass das Eine und Einfache nur unvollkommen durch Vieles dargestellt werden kann. Was für die Welt der zusammengesetzten Dinge gilt, gilt daher noch lange nicht von Gott.

 

STh I q. 3 a. 4: Utrum in Deo sit idem essentia et esse

Responsio:
Thomas begründet seine Antwort, dass Gott nicht nur mit seinem Wesen (essentia), sondern auch mit seinem Sein (esse) identisch sei, auf dreifache Weise.
(1.) Alles, was in einer Sache nicht zum Wesen gehört, ist entweder vom Wesen selbst (a principiis essentiae) oder von etwas Äußerem verursacht. Beispiel für ersteres ist das Lachen beim Menschen, für zweiteres die Wärme durch äußeres Feuer. Wenn das Sein einer Sache von ihrem Wesen verschieden ist, dann muss es auf eine der beiden Weisen verursacht sein. Eine reine Wesensverursachung ist aber bei Geschöpfen ausgeschlossen, weil sie nicht selbst Ursache ihres Seins sind. Also muss ihr Sein von etwas anderem verursacht sein. Bei Gott liegt die Sache aber anders: Als erste Wirkursache kann sein Sein nicht von etwas anderem verursacht sein. ALSO ist das Sein von seinem Wesen nicht verschieden.
Dieses Argument beweist allerdings nicht die Identität von Wesen und Sein, sondern nur, dass das Sein Gott nicht von etwas anderem her zukommt. Das Sein könnte auch vom Wesen verursacht sein, wie die Prämisse es formuliert.

(2.) Das zweite Argument betrachtet die Kontingenz der Dinge, die darin begründet liegt, dass das Wesen vom Sein verschieden ist. Das Sein ist das Prinzip der Aktualität einer Sache und tritt zum Wesen als von diesem verschieden hinzu. Dabei verhält es sich zum Wesen wie Akt zu Potenz. Da es in Gott keine Potenz gibt, kann das Sein nicht hinzutreten, sondern muss im Wesen selbst liegen.

(3.) Das dritte Argument unterscheidet zwischen Sein-Haben und Sein-Sein. Die geschaffenen Dinge haben Sein und sind Seiende durch Teilhabe. Wenn auch Gott sein Sein durch Teilhabe hätte, hätte er es von einem anderen primum ens, was seinem Begriff widerspricht.

 

Widerlegung ad primum

Das erste Gegenargument leugnet in Gott die Identität von Wesen und Sein, weil sonst dem Wesen Gottes nichts hinzugefügt werden könnte. Denn das Sein, dem nichts hinzugefügt werden kann, ist das allgemeine, allen Dingen zukommende Sein (esse commune). Gott ist mit diesem Sein jedoch nicht identisch. ALSO ist das Sein Gottes von seinem Wesen verschieden.

Thomas erwidert mit einer Unterscheidung: Die Unmöglichkeit, weitere Bestimmungen hinzuzufügen, kann zweifach verstanden werden. Erstens der positive Ausschluss, wie z.B. ein 'vernunftloses Lebewesen' nicht mit dem Prädikat 'vernünftig' erweitert werden kann. Zweitens die Abwesenheit von weiterer Bestimmtheit, wie z.B. 'Lebewesen' im allgemeinen Sinne nicht durch 'vernünftig' eingeschränkt. Gemäß der ersten Unterscheidung ist das Sein das göttliche Sein (esse divinum), gemäß der zweiten das allgemeine Sein (esse commune).

 

STh I q. 3 a. 7: Utrum Deus sit omnino simplex
Responsio:

Die Einfachheit Gottes beweist Thomas mit fünf Argumenten:
(1.) Da es in Gott keine Zusammensetzung geben kann, ist er ganz und gar einfach. Das gilt in jeder Hinsicht: Er besteht weder aus quantitativen Teilen noch aus Stoff und Form, weder sind in ihm Wesen und Träger verschieden noch Wesen und Sein, auch gibt es in ihm eine Zusammensetzung aus Gattung und Differenz oder Träger und Eigenschaft. All diese Aspekte wurden zuvor schon in der Summa erörtert.   

(2.) Jedes Zusammengesetzte ist später als seine Teile und insofern von ihnen abhängig. Gott aber ist das Allererste. Also kann er keine Teile haben.

(3.) Jede Zusammensetzung von Verschiedenartigem bedarf einer einigenden Ursache. Gott als erste Wirkursache hat jedoch keine Ursache und kann der auch nicht zusammengesetzt sein.

(4.) In jedem Zusammengesetzen verhält sich entweder ein Teil zum anderen wie Akt zu Potenz oder alle Teile verhalten sich potentiell zum aktualen Ganzen. Da es in Gott jedoch keine Potenz gibt, kann er auch nicht zusammengesetzt sein.

(5.) In jedem Zusammengesetzten gibt es etwas, das einem seiner Teile nicht zukommt. Das kann man bei beiden Arten der quantitativen Zusammensetzung beobachten: der ungleichartigen und der gleichartigen. Bei der ungleichartigen ist es klar, dass der Teil (z.B. eines Menschen) nicht das Ganze ist. Aber auch bei gleichartiger Zusammensetzung (z.B. Wasser), ist das Ganze (z.B. hinsichtlich der Masse) nicht identisch mit den Teilen. So gibt es in jedem Zusammengesetzten etwas, das nicht es selbst ist. Auch bei der qualitativen Zusammensetzung aus Stoff und Form kommt dem Stoff etwas zu, was nicht zur Form gehört. Gott hingegen ist mit seinem Sein identisch, also nicht zusammengesetzt.

 

Widerlegung ad primum

Das erste Gegenargument geht von der Schöpfung aus, wo nichts ganz und gar einfach ist. Da Gott Ursache und Vorbild der Schöpfung ist, muss es sich bei ihm gleich verhalten.
Thomas erwidert, dass es zum Wesen des Verursachten gehört, zusammengesetzt zu sein, mindestens aus Wesen und Sein. 

 

Widerlegung ad secundum

Das zweite Gegenargument geht wiederum von unserer Erfahrungswelt aus und schreibt den zusammengesetzten Dinge einen höheren Rang zu als den einfachen. Was höher und besser ist, muss aber Gott ebenfalls zugeschrieben werden.
Thomas weist demgegenüber darauf hin, dass die Vollkommenheit der Güte bei den Geschöpfen nur durch vielerlei zur Erscheinung kommen kann. Bei Gott hingegen ist es gerade seine Einfachheit, die vollkommen ist.

 

STh I q. 4 a. 1: Utrum Deus sit perfectus

Responsio:

Das erste Prinzip ist eine Wirkursache und als solche aktiv. Aktivität jedoch bedeutet Aktualität und damit Vollkommenheit als Verwirklichung aller Möglichkeiten. Gott als das erste Prinzip ist daher das Vollkommenste im Sinne der höchsten Verwirklichung. Denn die Aktualität ist laut Aristoteles früher (und höher) als die Potentialität und damit als die Materie. Wenn die Pythagoreer das erste Prinzip nicht für das Vollkommensten hielten, so liegt dies daran, dass sie fälschlich von einem absolut unbestimmten, materiellen Prinzip ausgingen (Materialität = Potentialität). 

 

Widerlegung ad primum

Das erste Gegenargument ist semantischer Natur: In dem Wort perfectum ist factum enthalten, was ‚gemacht‘ bedeutet. Da in Gott kein Werden ist, kann er auch nicht im höchten Maße geworden sein.

Thomas erwidert (mit Gregor dem Großen), dass Gott in der Tat nicht angemessen als vollkommen bezeichnet werden kann (perfectum proprie dici non potest). Vollkommenheit bezeichnet den Zustand, dem nichts an Aktualität fehlt, aber in unserer Welt des Werdens geht stets ein Prozess voraus. Der erreichte Zustand wird fälschlich auf Gott übertragen, obwohl kein Prozess vorausgeht.

 

Widerlegung ad secundum

Das zweite Gegenargument ist ebenfalls aus der Welt des Werdens genommen, in der die Anfangsgründe der Dinge (z.B. Samen) noch unvollkommen sind. 

Thomas wendet mit Aristoteles ein, dass das unvollkommene Materialprinzip nicht erstes Prinzip sein kann, weil jedem Unvollkommenen ein Vollkommenes vorausgeht, das das Unvollkommene verwirklicht.

 

Widerlegung ad tertium

Das dritte Gegenargument geht von der Identität von Wesen und Sein in Gott aus. Das Sein ist aber das Allgemeinste (communissimum) und Unbestimmteste (recipiens omnium additiones) und insofern Unvollkommenste (imperfectissimum). Also ist Gott unvollkommen.

Thomas kritisiert diesen auf rein begrifflicher Abstraktion beruhenden Seinsbegriff und setzt ihm seine Lehre vom Seinsakt, der alle Dinge und Formen allererst aktualisiert, entgegen. Das Sein ist folglich das Vollkommenste, weil es alles andere vollkommen macht. Statt unbestimmt zu sein, ist es selbst das Prinzip aller Bestimmung. Das Sein kommt zur Form hinzu, nicht die Form als nähere Bestimmung zum allgemeinen Sein(sbegriff).

 

 

STh I q. 4 a. 3: Utrum aliqua creatura possit esse similis Deo

 

Responsio:

Ähnlichkeit beruht auf Übereinstimmung bzw. Gemeinsamkeit der Form. Gemäß der Verschiedenheit dieser Übereinstimmung gibt es mehrere Ähnlichkeiten. 

(1.) Gleichheit, die vollkommene Ähnlichkeit. Hier herrscht Übereinstimmung in derselben Form gemäß demselben Begriffsgehalt (ratio) und derselben Weise (modus), z.B. zwei gleichermaßen weiße Dinge. 

(2.) Unvollkommene Ähnlichkeit. Hier herrscht Übereinstimmung in derselben Form gemäß demselben Begriffsgehalt (ratio), aber nicht gemäß derselben Weise (modus), sondern mehr und weniger (magis et minus) z.B. zwei unterschiedlich weiße Dinge. 

(3.) Ähnlichkeit gemäß der Art. Auch hier herrscht Übereinstimmung in derselben Form gemäß demselben Begriffsgehalt (ratio). Wenn Ursache und Wirkung zur selben Art gehören, dann ist diese Art der verbindende Begriffsgehalt (species als gemeinsame ratio). Denn jede Ursache bewirkt Gleichartiges, insofern sie wirkt.

(4.) Ähnlichkeit gemäß der Gattung. Hier herrscht Ähnlichkeit, aber keine Übereinstimmung in der Form. Dies ist bei Ursachen der Fall, die nicht zur selben Art gehören wie ihre Wirkungen (in agentibus non univocis), wohl aber zur selben Gattung, z.B. die Ähnlichkeit zwischen der Sonne und der von ihrem Licht hervorgebrachten Pflanzen, die gleichwohl nicht sonnenförmig sind. 

(5.) Analoge Ähnlichkeit. Wenn die Ursache oberhalb aller Gattungen steht, herrscht keinerlei Art- und Gattungsähnlichkeit mehr, d.h. Ursache und Wirkung entbehren des gemeinsamen Referenzrahmens. Dennoch handelt es sich auch hier um eine Ähnlichkeit, und zwar gemäß einer gewissen Analogie. Das einzig mögliche Beispiel ist die Seinsanalogie – was die analoge Ähnlichkeit auf schwanke Grundlage stellt. Aber Ursächlichkeit ist für Thomas immer Ähnlichkeit!

 

Widerlegung ad primum

Das erste Gegenargument leugnet mit dem Psalm, dass überhaupt ein Geschöpf Gott ähnlich sein kann. Denn selbst die besten Geschöpfe werden nur durch Teilhalbe als Götter bezeichnet.

Thomas beruft sich auf Dionysius, der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit der Geschöpfe mit Gott zugleich behauptet. Die Ähnlichkeit zeigt sich in der Nachahmung Gottes, der nicht vollkommen nachgeahmt werden kann, die Unähnlichkeit im Mangel gegenüber der Ursache. Die untilgbare Unähnlichkeit ist aber nicht bloß graduell, sondern beruht vielmehr auf dem Fehlen jeglicher Art- und Gattungsübereinstimmung (keine unendliche Annäherung).

 

Widerlegung ad secundum

Das zweite Gegenargument wendet ein, dass Ähnlichkeit auf einem Vergleich beruht, Dinge verschiedener Gattungen aber nicht verglichen werden können (z.B. Süße und Weiße). Gott ist außerhalb jeder Gattung, also kann ihm auch nichts ähnlich sein.

Thomas trennt die Unvergleichbarkeit von Dingen, die zu verschiedenen Gattungen gehören, von der (analogen) Vergleichbarkeit der gattungsmäßig geordneten Geschöpfe mit dem über allen Gattungen stehenden und diese allererst hervorbringenden Schöpfer.

 

Widerlegung ad tertium

Das dritte Gegenargument führt Ähnlichkeit auf Übereinstimmung in der Form zurück. Nichts stimmt jedoch mit Gottes Form überein, weil nur die Form Gottes mit seinem Sein identisch ist. Also kann nichts Gott ähnlich sein.

Thomas betont, dass die Ähnlichkeit von Gott und Schöpfung nicht auf einer Übereinstimmung in der Form beruht, sondern bloß auf einer Analogie: Deus est ens per essentiam, et alia per participationem.

 

Widerlegung ad quartum

Das vierte Gegenargument weist darauf hin, dass Ähnlichkeit stets wechselseitig ist. Also müsste auch Gott den Geschöpfen ähnlich sein, was wider die Schrift (Jesaja) ist. 

Thomas beruft sich auf Dionysius, dass die wechselseitige Ähnlichkeit nur innerhalb derselben Seinsordnung gilt, nicht jedoch zwischen Ursache und Verursachtem. Die Geschöpfe sind somit nur Gott (auf analoge Weise) ähnlich, nicht umgekehrt (wie ein Bild der dargestellten Person gleicht, nicht umgekehrt).

 

 

STh I q. 6 a. 1: Utrum esse bonum Deo conveniat 

 

Responsio:

Die Geschöpfe streben nach Vollkommenheit und, da sie (darin) verursacht sind, nach der Wirkursache ihrer Vollkommenheit. Alles Erstrebte aber ist als solches gut. Gott als die erste Wirkursache aller Dinge und ihrer Vollkommenheit ist daher im höchsten Maße gut.

 

Widerlegung ad primum

Der erste Einwand wehrt alle kategorialen Aussagen von Gott ab. Gutsein aber gehört zum Wesen der Dinge und ihrer Ordnung (modus, species, ordo), mithin zum kategorialen Sein.

Thomas präzisiert, dass dies nur vom geschaffenen Guten gilt, nicht aber von seiner Ursache. In Gott ist die kategoriale Ordnung auf höhere, ursächliche Weise (also analog).

 

Widerlegung ad secundum

Der zweite Einwand leugnet, dass alle Geschöpfe nach Gott streben, weil ein solches Streben von der Gotteserkenntnis abhängt (nihil autem appetitur nisi notum), über die jedoch nicht alle verfügen. Da das Gute aber dasjenige ist, wonach alle streben, kann Gott folglich nicht dieses Gute sein.

Thomas erwidert, dass die Geschöpfe auf ihrer jeweiligen Seinsstufe nach Gott streben, deren höchste die rationale Erkenntnis ist. Aber auch die sinnliche Erkenntnis (cognitio sensibilis) und das natürliche Streben (appetitus naturalis) sind Formen, in denen die Geschöpfe nach ihrer Vollkommenheit streben, selbst wenn ihnen die Gotteserkenntnis also solche abgeht. Alle Vollkommenheiten aber, nicht nur die rationale, sind Ähnlichkeiten mit Gott selbst.

 

  

STh I q. 7 a. 1: Utrum Deus sit infinitus 

 

Responsio:

Thomas referiert zunächst einen falschen, naiven Begriff von Unendlichkeit, den alle alten Philosophen (omnes antiqui philosophi) teilen und der auf einer materiellen Vorstellung vom ersten Prinzip beruhen. Sodann bestimmt er den positiven Gegenbegriff der Endlichkeit bzw. Begrenztheit. Materie und Form begrenzen sich wechselseitig: Die Materiewird durch die Form begrenzt, insofern ihre Offenheit für verschiedene Formen durch die Aufnahme einer bestimmten Form bestimmt wird. Die Form hingegen, die ja vielen Einzeldingen gemeinsam ist, wird zur Form dieses bestimmten Dings, indem sie von der Materie aufgenommen wird. 

Für die Materie bedeutet die Begrenztheit durch die Form jedoch eine Vervollkommnung, weshalb ihre Unbegrenztheit (oder Unendlichkeit) als Unvollkommenheit zu gelten hat. Die Form hingegen erfährt durch die Materie keine Vervollkommnung, sondern nur eine Einschränkung ihres Umfangs, sodass ihre Unbegrenztheit außerhalb der Materie eine Vollkommenheit bedeutet. 

Die höchste Form ist jedoch das reine Sein, welches Gott ist. Folglich ist Gott unendlich und vollkommen.

 

Widerlegung ad primum

Der erste Einwand leugnet Gottes Unendlichkeit, weil Unendlichkeit Teilbarkeit und Materialität impliziert.

Dieser Begriff von Unendlichkeit ist aber der Irrtum der alten Philosophen, der in der Responsio bereits ausführlich widerlegt wurde. 

 

Widerlegung ad secundum

Das zweite Gegenargument beruht auf der Zuordnung von (Un)endlichkeit zur Kategorie der Quantität, die nur für Körper gelten kann. Da Gott aber kein Körper ist, kann er auch nicht unendlich sein.

Thomas pflichtet dem Einwand bei, indem er ihn qualifiziert: Die Unendlichkeit (Unbegrenztheit) der Quantität kann Gott in der Tat nicht zukommen, und zwar deshalb, weil sie der Unbestimmtheit der Materie entspricht. Die Begrenztheit der Quantität andererseits entspricht der Form, wie man an der umgrenzenden Gestalt von Körpern sehen kann.

 

Widerlegung ad tertium

Der dritte Einwand interpretiert die Bestimmtheit des göttlichen Wesens, das (wie alle anderen Wesenheiten) ist, was es ist, und alles andere nicht ist (Gott ist etwa weder Stein noch Holz), als Begrenztheit. Folglich kann Gott seinem Wesen nach nicht unendlich sein.

Thomas antwortet hierauf, dass sich das subsistierende Sein Gottes, das ja sein Wesen ausmacht, von allen anderen Wesen, die sich voneinander abgrenzen, unterscheidet. Gott ist nämlich nicht von allen anderen grenzenden Wesen jeweils verschieden, sondern gegenüber der gesamten grenzenden Seinssphäre transzendent. Gottes Sein ist die absolute Form, die von keiner Wesenheit aufgenommen und dadurch nicht begrenzt, folglich unendlich ist.

 

 

 

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